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DIE SÜNDERIN (1951)

«Ein Faustschlag ins Gesicht jeder anständigen deutschen Frau!»

Aus einem Flugblatt zu DIE SÜNDERIN

Deutschland 1951
Schwarzweiß
Produktion: Junge Film-Union Rolf Meyer; Deutsche Styria-Film GmbH
Produzent: Helmuth Volmer
Regie: Willi Forst
Buch: Gerhard Menzel
Kamera: Václav Vích
Darsteller: Hildegard Knef (Marina), Gustav Fröhlich (Alexander), Robert Meyn (Marinas Stiefvater), Änne Bruck (Marinas Stiefmutter), Jochen-Wolfgang Meyn (Marinas Stiefbruder), Andreas Wolf (Arzt)
FSK: ab 12
Länge: 87 Min.

Reaktionen

«Die Biographie einer Dirne – als effektvolles ‚Zeitschicksal’ in Szene gesetzt und mit jener kommerziellen Gefühligkeit ausgestattet, die keine wirkliche Tragik zulässt. In so verlogener Zubereitung muss ein derartiger Stoff auch dann anstößig wirken, wenn die Regie auf den lasziven Anstrich einiger Szenen verzichtet hätte. Abzulehnen wegen hinnehmender Darstellung der Prostitution und der Tötung auf Verlangen sowie der romantischen Verklärung des Selbstmordes.»
Beurteilung der Katholischen Filmkommission im Filmdienst.

«ACHTUNG! GIFTMORD! Der Film Die Sünderin verherrlicht das Leben einer Prostituierten! Er ist ein Faustschlag in das Gesicht jeder anständigen deutschen Frau! Hurerei und Selbstmord – sollen das die Ideale eines Volkes sein? Gift für unser Volk! Gift für unsere Jugend!»
In Pirmasens kursierende Flugblatt.

«Alle, die sich wahrhaft lieben, können aus Ekel tief krank werden, wenn sie diesen Film sehen; und alle Leichtfertigen werden aufgepeitscht, sich noch freier und hemmungsloser bloßzustellen. Prostitution, Ehebruch, Selbstmord, Opferscheu, Selbstsucht: all das wird verherrlicht […].»
Katholischer Beobachter, 27. Januar 1951.

«Wenn dieser Film überhaupt etwas ‚verherrlicht’ […], dann ist es die erschütternd innige Liebe zweier Menschen, denen das Schicksal nun einmal nicht wohl wollte.»
Coburger Neue Presse, 30. Januar 1951.

«Was nicht erlaubt ist […], das ist der unbestritten selbstverständliche, der unbedenkliche, vor allem der theatralische, der schöne, der romantisierte Kino-Selbstmord, wie er hier verübt wird. […] Wir leben in einem Land, in dem es unzählige Kriegsblinde gibt, die sich nicht umbrachten, von denen manche sogar heiter wurden: Sie sind […] die Helden – nicht jene Sektselbstmörder des Films.»
Gunter Groll, Süddeutsche Zeitung, 15. Februar 1951.

«Zu meinem großen Schmerz wird der berüchtigte Film DIE SÜNDERIN trotz aller Proteste zuständiger Stellen nun auch in Köln, in der Metropole unserer Erzdiözese, aufgeführt. Ich kann als Oberhirte dazu nicht schweigen. Das öffentliche Ärgernis darf öffentlich nicht unwidersprochen bleiben. […] Ich erwarte, dass unsere katholischen Männer und Frauen, erst recht unsere gesunde katholische Jugend in berechtigter Empörung und in christlicher Einmütigkeit die Lichtspieltheater meidet, die unter Missbrauch des Namens der Kunst eine Aufführung bringen, die auf eine Zersetzung der sittlichen Begriffe unseres christlichen Volkes hinauskommt. Ein Christ, der trotzdem diesen Film besucht, auch wenn er glaubt, es ohne unmittelbare Gefahr für seine persönliche sittliche Unversehrtheit tun zu können, gibt Ärgernis und macht sich mitschuldig an einer unverantwortlichen Verherrlichung des Bösen.»
Der Kölner Erzbischof und Vorsitzende der Fuldaer Bischofskonferenz Joseph Kardinal Frings in einem auf den 28. Februar 1951 datierten und «alsbald nach dem Empfang und jedenfalls am Sonntag, dem 4. März von allen Kanzeln in der Erzdiözese» zu verlesenden Mahnwort.

«Tag für Tag strömen Hunderte von getauften Christen in das Kino, um ihre ‹künstlerischen Bedürfnisse› zu befriedigen an Darbietungen, die an Schamlosigkeit und Verhöhnung der christlichen Grundsätze kaum mehr zu übertreffen sind. Wohl hat die Kirche nachdrücklich davor gewarnt. Auch die Presse hat ihre Pflicht getan. Aber umsonst. Das Ärgernis ist ein doppeltes. Es besteht nicht nur darin, dass solche Schamlosigkeiten überhaupt öffentlich dargeboten werden, sondern auch in der gleichgültigen Haltung eines Teiles unseres christlichen Volkes, darin, dass katholische Männer und Frauen dies so gelassen und ruhig hinnehmen, nicht empört sind über diese Kulturschande, und vielleicht sogar selbst hineingehen unter irgendeinem Vorwand, ohne zu bedenken, welches Ärgernis sie durch ihr schlechtes Beispiel Hunderten von Mitchristen geben. Dabei zittert man vor dem Bolschewismus! Die Frauen und Mädchen sind entsetzt beim Gedanken an das Schreckliche, das ihre Schwestern im Osten vor sechs Jahren über sich ergehen lassen mussten. Aber von einem Entsetzen darüber, dass die Frauenehre in der eigenen Heimat in den Kot getreten wird, merkt man nichts. Der Bolschewismus ist längst da! Wir nähren die Schlange am eigenen Busen.»
Mahnwort des Passauer Bischof Simon Konrad Landersdorfer.

«Im Grunde hat die Kirche dieses Theater nur gemacht, weil im Film ein Doppelselbstmord vorkommt. Es war die Lebensverweigerung, die irritierte, nicht der nackte Busen.»
Hildegard Knef 1995 im Rückblick auf den Skandal

Screenshots: aus DVD, erschienen bei Arthaus